• Miteinander unterwegs ...

    Miteinander unterwegs ...

    ... mit einer Spiritualität, die unseren Alltag prägt.

Wie wir leben

Leben mit den Evangelischen Räten

Die klassischen „evangelischen Räte”, die Gemeinschaft durch persönliche Armut, Keuschheit und Gehorsam, d.h. gegenseitige Unterordnung, fördern, sind bis heute Maßgaben, an denen sich verbindliches, kommunitäres Leben orientiert. Die sichtbare Gestaltung dieser Maßgaben kann stark variieren. Um ihrem gemeinschaftlichen Auftrag möglichst wirksam, konstant und verlässlich nachkommen zu können, gehen Mitglieder von geistlichen Gemeinschaften weitergehende Verbindlichkeiten ein:

  • Es gibt reservierte Zeiten, in denen sie für den Dienst zur Verfügung stehen.
  • Es gibt reservierte Zeiten, die für den Innenbau und die Pflege der Gemeinschaft benötigt werden.
  • Gemeinsame Ausdrucksformen und Rhythmen der Spiritualität werden entfaltet und von allen getragen.
  • Persönliche Lebenspläne und -gestaltung werden mit den Bedürfnissen und Vorgaben der Gemeinschaft abgeglichen, sei es durch Ehelosigkeit, sei es durch das Einbinden des Familienlebens in eine größere Gemeinschaft.
  • Es gibt eine hohe Bereitschaft zu finanziellen und sozialen Verpflichtungen, auf die die Gemeinschaft zählen kann.
  • Bei der persönlichen Berufung und im eigenen Engagement werden auch die Prioritäten der Gemeinschaft in Betracht gezogen.

Verbindlichkeit verstärkt die Verlässlichkeit und bündelt die Kräfte für die gemeinsam formulierten Ziele. So wächst der gemeinsame Erlebnis- und Erfahrungsschatz, der die Identität der Gemeinschaft formt und ein gemeinsames Reifen ermöglicht. Verbindlichkeit ist jedoch nicht nur Mittel zum Zweck; sie ist ein hoher Wert an sich. Jeder Mensch ist auf Verbundenheit hin erschaffen. Verlässliche und treue Verbindungen fördern die Entfaltung einer reifen Persönlichkeit und schaffen den Schutzraum für eine heranwachsende neue Generation. Das gilt für den von Gott gestifteten Ehebund und auch in einem weiteren Rahmen für die Gemeinde als Leib Christi. Gerade in Zeiten extremer Mobilität, Unbeständigkeit und Unverbindlichkeit verleihen Kommunitäten und geistliche Gemeinschaften unveräußerlichen Werten wie Dauer, Beständigkeit, Erkennbarkeit und Verantwortung eine prägnante Gestalt.

Eintritt

Einem Eintritt in eine verbindliche geistliche Gemeinschaft geht ein längerer Such- und Prüfweg voraus. Wer sich für den gemeinsamen Weg interessiert, hat meistens bereits Kontakt mit Schwestern oder Brüdern sowie einer oder mehreren konkreten Gemeinschaften, z.B. durch Besuche, Teilnahme an Festen und Veranstaltungen, Mitleben auf Zeit oder auch in geistlicher Begleitung oder Seelsorge. Wer für sich und mit Gott den Weg geprüft hat und entschieden ist, wird sich bei der Leitung der Gemeinschaft mit seinem Anliegen melden. In einer weiteren Phase der Prüfung und weiterer Gespräche prüft auch die Kommunität selbst, ob sie sich eine Weggemeinschaft mit diesem Menschen vorstellen kann.

Der Eintritt und die damit verbundene Verschiebung der Prioritäten – ggf. auch ein Wechsel von Wohnort, Arbeits- und Lebensform – ist ein markanter Einschnitt und Beginn einer neuen Phase im Leben des Einzelnen und der Gemeinschaft. Die nun folgende Prüfungszeit – sie heißt je nach Sprachgebrauch, „Postulat“, „Noviziat“ oder „Assoziiertenzeit“ etc. – dauert in der Regel mehrere Jahre und soll zu der klaren Entscheidung führen, ob die eingegangene Verbindlichkeit zur Lebensberufung wird oder ob der eigene Lebensweg wieder hinausführt. Eine Grundlage für die Entscheidung bildet die Mitarbeit in den Arbeitsbereichen der Kommunität, das Hineinwachsen in die Verantwortung für Arbeits- und Lebensbereiche und die Teilnahme am spirituellen Rhythmus. Eine andere ist die persönliche Zwiesprache mit Gott, der beruft, sendet und Orientierung gibt.

Prüfung und Klärung – Noviziat

Insbesondere in ordensähnlichen bzw. kommunitär organisierten Gemeinschaften hat das Noviziat den Schwerpunkt, die Berufung zu klären und zu prüfen und das Leben der Neueingetretenen nach den Regeln der Gemeinschaft zu formen und zu entfalten. Doch auch in netzwerkartig strukturierten Gemeinschaften gehört das Einüben von verbindlichen Regeln und das Wachsen in der Beziehungsfähigkeit zur Phase der Prüfung. Dies wird in dreifacher Weise eingeübt:

Beziehung zu Gott

  • durch Gebet, Schriftbetrachtung, christliche Meditation

Beziehung zu mir

  • mich kennenlernen in meinen Stärken und Schwächen
  • Versöhnung mit meiner Lebensgeschichte

Beziehung zur Gemeinschaft

  • Spannung zwischen Ideal und Wirklichkeit aushalten lernen
  • sich in Ordnungen einfügen lernen
  • Einübung von Gebet und Dienst im Sinne von „bete und arbeite“ (ora et labora)

Durch die Einübung in das Leben mit den „Evangelischen Räten“ setzt der Novize sich u.a. mit folgendem auseinander:

Armut: ein einfaches Leben, frei von Zwängen des Reichtums (manche Kommunitäten haben Gütergemeinschaft) bzw. die Bereitschaft, materielle Güter zu teilen und immaterielle Ressourcen der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen
Keuschheit: mich frei halten für Gott und die Herzensbeziehung zu ihm als erste und tiefste Priorität gestalten
Gehorsam: mündigen Gehorsam leben im Hören auf Gott und meine Gemeinschaft

Nach Ablauf dieser Prüfungsphase steht die feierliche und vor Gott und Menschen bestätigte Aufnahme in die Kommunität.